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Der König
der Fische in der Arktis |
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In großen Teilen der Arktis
sind die Gewässer oligotroph (wörtlich: wenig Nahrung
enthaltend), weil es sich um Schmelzwässer handelt und die
Gesteine wenig auslaugbare Nährstoffe enthalten.Trotz des Nährstoffmangels
wachsen Algen sogar unter dem Eis zugefrorener Seen und stellen
so die Grundlage für die Nahrungskette in der Arktis dar. Sie
bieten einigen Krustentieren, Wasserflöhen und Krabben, sowie
Insektenlarven, Nahrung. Diese wiederum bilden die Existenzgrundlage
für den arktischen Saibling - dem König der Fische in
der Arktis -, welcher der einzige natürlich vorkommende Süßwasserfisch
in den Seen der Arktis. Der Saibling ist sehr erfolgreich, wird
25 Jahre alt und älter, erreicht ein Gewicht von 15-16 kg und
ist über die gesamte zirkumpolare Region verbreitet. Diese
eine Fischart illustriert einige der Schlüsselfaktoren der
Süßwasserbiologie und Humanökologie im Norden. |
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Der Saibling ist genetisch angepaßt,
in einer Umwelt niedriger Temperaturen zu leben, man trifft ihn
daher auch auf den nördlichsten Inseln der Arktis an, z.B.
in Svalbard. Er lebt den Großteil des Jahres in Seen und Flüssen
und wandert nur im Sommer für 1-2 Monaten in die Küstengewässer,
um sich dort an dem reichen Nahrungsangebot zu bedienen. Danach
kehrt er zum Laichen in die Gewässer zurück. Seine Geschlechtsreife
erreicht er in unterschiedlichem Alter, das Laichen kann jährlich,
alle zwei jahre oder seltener geschehen, und hängt hauptsächlich
von den Umweltbedingungen ab. Einige Populationen leben aber auch
in abflußlosen Seen und entwickeln besondere Charakteristika,
die von denen in anderen Seen abweichen. Mitunter treten zwei an
Größe deutlich verschiedene Populationen auf, wobei die
kleinere von der Bodenfauna und Zooplankton lebt, während die
größere sich von den kleineren ernährt - eine Form
von Kannibalismus. Es handelt sich hier dann eigentlich um zwei
verschiedene Arten. Daher weist der Saibling in der Arktis, am nördlichen
Rand seiner Verbreitung, wo er die alleinige Fischart ist, hochflexible
Lebensweisen auf. |
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Weiter im Süden gesellen sich
weitere Fischarten zum Saibling, die die niedrigen Temperaturen
des äußersten Nordens nicht ertragen können, in
wärmeren Wasser aber zu Nahrungskonkurrenten werden. Wo der
Saibling zusammen mit der braunen Forelle, z.B. in Nordschweden,
existiert, lebt er vom Zooplankton des Oberflächenwasser, während
die Forelle sich von der Bodenfauna ernährt. Im Winter ernährt
sich der Saibling auch von am Gewässerboden lebender Fauna,
während die Forelle die Nahrungsaufnahme einstellt, da sie
weniger an die niedrigen Temperaturen angepaßt ist. Eine ähnliche
Koexistenz mit aufgeteilten Nahrungsräumen gibt es zwischem
dem arktischen Saibling und dem Bachsaibling (auch Bachforelle)
in Ostkanada. Wenn die Fischarten in Gewässern zahlreicher
werden, engt sich das dem arktischen Saibling verfügbare Nahrungsangebot
weiter ein, bis es dazu kommt, daß er nicht mehr existieren
kann. |
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Daher ist die ökologische Nische
dieses Fisches, seine Variationen in Größe und anderen
biologischen Merkmalen, ein großer Raum in der nördlichsten
Zone seines Verbreitungsgebietes, der sich allmählich in Richtung
Süden mit zunehmender Artenzahl anderer Fische einengt (ein
weiter Umweltgradient!). |
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Diese ökologischen Merkmale des
arktischen Saiblings sind ein gutes Beispiel für eine flexible
Lebenshaltung, die vermutlich weit verbreitet ist, jedoch bei anderen
arktischen Tier- und Pflanzenarten nicht so offen zutage tritt.
Weiter im Süden kann er sich mit eng verwandten Arten, wie
dem Bachsaibling kreuzen. Kreuzung ist ein Merkmale vieler Fischarten
des Nordens, was nahelegt, daß die Evolution immer noch in
dieser jungen Region im Gange ist. |
Fishing on Kamchatka River, Russian Federation. The Association
of Native People of Bystrinsky District catches fish to distribute
to poor and elderly native people in the districts. Photo:Emma Wilson,
1998 |
Die Humanökologie hat ebenfalls
einen großen Einfluß auf die Ökologie des arktischen
Saiblings gehabt. Die folgende Auflistung lokaler und genereller
Einflüsse illustriert die allegemeine Rolle, welche die Menschen
im Norden spielen: |
Seit Jahrhunderten haben die Inuit
in Grönland und Kanada ihre Plätze für Dauersiedlung
so ausgesucht, daß sie vom Süßwasser ins Meerwasser
wandernde Fische fangen können. Die Samit in Nordskandinavien
haben traditionell Saiblinge in Bergbächen ausgesetzt und auf
diese Weise Nahrungsreservoire entlang der Rentierzugwege angelegt.
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Die langzeitige, selektive Fischerei
mit Netzen entfernt die größeren Fische , wobei die Alterszusammensetzung
der Fischpopulation gestört wird und bestimmte Eigenschaften
der Lebensentwicklung beeinflußt werden. Der Gebrauch von
Giftstoffen und Dynamit hat ganze Fischpopulationen in Svalbard
vernichtet. Der wiederholte, totale Fang wandernder Arten duch Steinwehre
hat auch in Grönland lokale Fischpopulationen vernichtet. |
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Die weitverbreitete Errichtung
von Wasserresrvoirs für Kraftwerke hat Wasserstände
verändert, ufernahes Laichen reduziert, die offene Wasserfläche
vergößert und die Nahrungsmöglichkeiten eingeschränkt. |
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Die Überfischung wichtiger
Arten wie z.B. von Lodde und arktischem Kabeljau hat diese Fische
als Nahrungsquelle für den arktischen Saibling während
wichtiger Perioden im Meer reduziert. |
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Die Einführung anderer
Fischarten und Süßwasserkrabben, um die Fischerei zu
verbessern, hat zur Verringerung der Saiblingpopulationen geführt,
da Nahrungskonkurrenten eingeführt wurden. Außerdem ist
es zur genetischen Änderungen duruch Kreuzungen gekommen, was
wiederum die Nahrungsketten beeinflußt hat. Andere, unerwartete
Resultate des Einführens neuer Arten sind z.B. die Verringerung
oder sogar das Verschwinden von Entenarten (z.B. Eisente), sowie
Fischräubern (Seetauchern, Gänsesägern und Fischadlern). |
Übersäuerung durch
atmophärischen Transport von Schadstoffen aus südlicheren
Regionen, die im Schnee während des langen Winters akkumuliert
werden. Diese Stoffe werden als Schwall saurer Substanzen im Frühling
zur Schmelze in die Umwelt eingetragen. Dadurch sind viele skandinavische
Seen fischfrei geworden, wodurch der Wuchs von Zooplankton zunahm
und fischfressende Vogelarten zugunsten insektenfressender Arten
verschwanden. |
Persistente organische Schadstoffe
(POP's), darunter Pestizide, werden in nördliche Regionen transportiert.
Die Anreicherung dieser Stoffe im Fettgewebe führt zu wachsender
Konzentration entlang der Nahrungskette. Der arktische Saibling
ist ein mittleres Glied in dieser Kette, in vielen Poupulationen
werden Schadstoffgehalte gemessen, die über den jeweiligen
nationalen Richtwerten liegen. |
Die Erwärmung der Atmosphäre
wird es vielen Nahrungskonkurrenten ermöglichen, sich dort
zu etablieren, wo sie am nördlichen Rand ihres Verbreitungsgebietes
leben. Der bisherige Vorteil der Nahrungsaufnahme auch im Winter
wird den arktischen Saibling betreffen, denn man rechnet mit relativ
höheren Temperaturen gerade während des Winters. Dadurch
wird der Saibling aus südlicheren Regionen in die nördlichsten
gedrängt. |
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