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Zeitliche Systemänderungen |
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Als vor 10- bis 20.000 Jahren die
Gletscher und Eiskappen zurückgingen, blieb der nackte Erdboden
zurück, bedeckt vom Abrieb des Eises in Form von Gesteinspartikeln
aller Größen, vom Schutt bis zum Ton. Dieser Abrieb bildete
den ersten "Boden". Auf granitischen Gesteinen geschah
die Verwitterung langsam, es bildeten sich nur wenig gröbere
Partikel und kaum lösliche Nährstoffe. Kalk verwitterten
wesentlich schneller, es bildeten sich alkalireiche Böden.
Die Bodenpartikel lösten sich jedoch schnell auf, es kam zur
Bildung von Lösungskanälen, Nährstoffe verschwanden
daher ziemlich schnell aus dem System. Auf anderen Sedimentgesteinen
verblieben Sand- und Tonpartikel, wichtige Nährstoffminerale
wie Kalium von Phosphor gingen nicht verloren. Die Geologie des
Untergrundes bestimmte also den Lauf der Entwicklung des Ökosystems.
Zum Beginn einer Vegetationsfolge fehlte notwddnige Stickstoff.
Niederschläge waren minimal, doch dort, wo Wasser verfügbar
war, bildeten sich Kolonien von Algen, die atmophärischen Stickstoff
binden konnten. Algen konnten sogar unter Schuttbrocken wachsen,
indem sie reflektiertes Licht benutzten, da Steine die von der Sonne
eingestrahlte Wärme effektiv speichern. Flechten wuchsen langsam
auf Steinen heran. Zusammengesetzt aus Algen und Pilzen, können
Flechten produzieren, sich zersetzen und wiederaufbereiten - ein
selbstgenügendes Ökosystem. |
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Es sind diese ersten Pioniere mit
der Fähigkeit, den wichtigen Stickstoff und andere Nährstoffe
primär zu binden, die die Abfolge von Pflanzengemeinschaften
schufen, an Stellen, wo kein organisches Material aus vorherigen
Systems verfügbar war, denn die Akkumulation von Nährstoffkapital
ist von entscheidender Bedeutung. Bakterien (Chemolithotrophen)
mit der Fähigkeit, elementare Stoffe aus den Gesteinen zu extrahieren,
stützten den Kolonisationsprozeß. Wenn sich kleine Mengen
organischen Materials angesammelt haben, beginnt der Kolonisationsprozeß
anderer Pflanzen durch Samen. In anderen Bereichen, wo organische
Stoffe aus der die Eisbedeckung vorangehenden Vegetationsdecke verblieben
waren, oder durch Flüsse umverteilt wurden, geschah die Kolonisation
rascher, jeoch nicht ohne die Unterstützung durch stickstoffbindende
Bakterien. |
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Die frühen Kolonisatoren tendieren
zu einer Strategie des raschen Wachsens und Reproduzierens, um die
besetzten Stellen voll auszunutzen. Nach und nach gesellen sich
andere Arten dazu, indem sie sich den Schutz durch die bereits vorhandenen
Arten und das Vorhandensein organischen Materials zunutze machen.
Allmählich wird die Vegetation dichter, die Moosdecke nimmt
zu und der Erdboden wird vor den tiefen Temperaturen isoliert. Ironischerweise
wird dadurch die Schmelze des Permafrostbodens behindert, wodurch
die aktive Bodenschicht dünner wird und die Wurzelung erschwert.
Wasser fließt nicht ab, Recycling von Nährstoffen geht
zurück. Diejenigen Pflanzen, die ihre Ressourcen konservieren
und intern wiederaufarbeiten, um für den notwendigen Wachstumsschub
zum Sommerbeginn gerüstet zu sein, haben jetzt den Vorteil.
Sie sind im Vorteil gegenüber der Konkurrenz; was sie einmal
erworben haben, behalten sie. Die Tierwelt folgt den graduellen
Veränderungen der Pflanzenwelt und des Bodens. Die frühen
floralen Kolonisationskerne ziehen grasende Tiere an. Kleine Insekten
werden durch den Wind verweht, die Glücklichen unter ihnen
landen auf den Vegetationsinseln. In späteren Phasen werden
viele Pflanzen langlebig und holzig, oft produzieren sie Abwehrstoffe
gegen Tiere. Die Tierwelt reagiert darauf mit Spezialisierung, grasende
Arten greifen nur auf diese Pflazen zurück, wenn leichter kaubare
und verdauliche Nahrung nicht mehr zur Verfügung steht. |
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Die Zeitskala dieser Entwicklung,
der Primärsukzession, bemißt sich in Jahrunderten, wobei
die Abfolge im Einzelnen zwischen verschiedenen Orten sehr unterschiedlich
sein kann., so wie auch die Initialbedingungen, die eine Pflanzenabfolge
ermöglichen, sehr verschieden sind. Bodenstörungen durch
Frosteinwirkungen, Erosion, Seeabflüsse, Waldbrände und
menschliche Aktivitäten wie z.B. industrielle Entwicklung,
können einen Neubeginn einer Abfolge auslösen. Diese sekundären
Abfolgen können oft schon in Dekaden ablaufen. |
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Grundsätzlich ist die Region
der Arktis Änderungen des Klimas, welches zu Zeiten wärmer
oder kälter war, über Tausenden von Jahren unterworfen
gewesen. Fauna und Flora ist diesen veränderlichen, jedoch
immer schroffen Bedingungen angepaßt worden. Besonders raffinierte
Anpassungsmethoden wie z.B. der Einsatz von Antigefrierstoffen,
wird es dem Leben ermöglichen, entsprechend auf die prognostizierten
Klimaänderungen aufgrund der von Menschen verursachten Eintragung
von Kohlenstoff in die Atmosphäre zu reagieren und zu überleben.
Die Artenverteilung wird sich verändern; einige Arten werden
in andere Regionen abwandern, andere ziehen sich zurück; alles
ändert sich - so wie es schon immer gewesen ist. Das Auf und
Ab der verschiedenen Rentierunterarten in Grönland während
der letzten 10.000 Jahre verdeutlicht diese langzeitlichen, dynamischen
Entwicklungen, die in diesem Fall durch Änderungen der Oberfläche,
Eis- und Gletscherbarrieren, Klimaänderungen, Überweidung
und Nachstellung durch Mensch und Wolf verursacht worden sind. |
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