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Die Arktis IST ein Ökosystem
by Bill Heal
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Das terrestrische Ökosystem - oder besser gesagt, die verschiedenen Ökosystem
  Aus dem Weltraum kann man die Polarwüsten oder auch Frostschuttwüsten der Arktis, die kalten Wüsten der Erde, gut erkennen. Zwischen Gesteinstrümmern wachsen nur hier und da kleine Teppiche von Steinbrech, Mohn oder Zwergweide und Moose. Flechten bedecken die nach Süden gerichten Steinflächen. Das Land ist jedoch nicht überall öde. Auf der Devon-Insel im nördlichen Kanada gibt es z.B. eine kleine, nach Süden gerichtete Bucht, die in das Kalksteinplateau eingeschnitten ist. Das Truelove-Flachland weist eine Serie von Strandterrassen aus, die durch das Herausheben des Festlandes aus dem Meer entstanden sind. Diese Terrassen stauen Schmelzwasser, und hier können Pflanzen gedeihen, die eher von den Sonnenstrahlen als der Lufttemperatur aufgewärmt werden. Auf ähnliche Weise wachsen relativ üppige Moose und Flechten während der wenigen "Sommermonate", dort, wo Wasser aus Schneefeldern abfließt. Die lokale Topographie kann also die alles bestimmende regionale Kälte etwa abmildern. Das Vorhandensein von Wasser ist jedoch von entscheidender Bedeutung. Die riesigen steinigen Bodenflächen haben noch nicht genug organische Substanz akkumuliert, wodurch Wasser ungehindert abfließt und der Boden im Sommer austrocknet.
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Moss in early spring, Greenland. Photo: Jonas Allansson
Weiter im Süden oder näher an den Küsten wird die Flora allmählich vielfältiger und bedeckt bis über die Hälfte des Bodens. Wir befinden uns jetzt in den polaren Halbwüsten. Noch üppigere Vegetation tritt in geschützten und feuchten Gebieten auf, wie z.B. Gräser, Seggen, Sträucher, Zwergweiden, Birken und Lärchen. Hier können die Samen besser überleben als in den den Gebieten des ungehinderten Abflusses und Bodenaustrocknens im Sommer.
Der Unterschied zwischen Wüste und Halbwüste kann nicht exakt bestimmt werden, es handelt sich um einen allmählichen Übergang, kleine Zonen und Flecken des einen Systems können in das andere hineinreichen. Drei Landschaftsbildner, zwei offensichtliche und ein verborgener spielen die Hauptrollen in der Dynamik dieser Landschaften:
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Road in Greenland, one can easly spot several layers of snow on the left side of the picture. Photo: Jonas Allansson
Schnee. Schneetiefe, -zusammensetzung und Fallzeit sind die bestimmenden Faktoren. Neuschnee ist ein ausgezeichneter Isolierstoff, Verdichtung und durch wechselndes Auftauen und Einfrieren entstandene Eiskrusten erhöhen die Wärmeleitfähigkeit um das hundertfache. Durch diese Isolierfähigkeit bleiben Böden, oder deren aktive Schicht, trotz der enormen Kälte nach frühem Tiefschnee bis weit in den Winter ungefroren. Lemminge und Maulwürfe graben sich ein und bringen unter der Schneedecke ihre Jungen zur Welt. Schneehühner graben sich ein, um nicht den Polarfüchsen zum Opfer zu fallen. Nur Rentiere und Moschusochsen haben Schwierigkeiten, pflanzliche Nahrung freizulegen. Im Frühling verhindern späte Schneefelder den Nestbau von Vögeln und das Ausschlüpfen von Insekten. Geringe Schneetiefe exponiert die Pflanzen, Frost und Tierbiß verringern die Bestände, Eiskrusten schützen dagegen vor den Hufen der Rentiere. Frühe Schneeschmelze vor dem Bodenauftauen überflutet die Höhlen der kleinen Säugetiere, die entweder ertrinken oder Raubtieren zum Opfer fallen. Wasser in flüssiger oder fester Form ist ist also ein entscheidender Faktor.
  Kryo- oder Congeliperturbation. Bodendurchbewegung durch tägliches oder jarheszeitliches Auftauen und Wiedereinfrieren führt zum allmählichen Transport von Bodenpartikeln, Steinen und größeren Blöcken, die dadurch in verschiedene Muster (Polygone) sortiert werden. Diese Polygone stören den Pflanzenwuchs, ermöglichen andererseits die Bildung feineren, feuchten Bodens, der für eine wenn auch nur kurze Rekolonisation geeignet ist. Die durch die ständige Frostbewegungen verursachten Bodenrisse stellen zusätzliche Kolonisationsräume dar. Die Kraft des Wasser, welches seine Phasen zwischen flüssig und fest wechselt, formt die Landoberfläche.
  Dauerfrost (Permafrost). Die oberste Bodenschicht kann bis zu 20 cm Tiefe in feuchten oder aus feinen Partikel bestehenden Böden auftauen, etwas tiefer in trockenen Böden aus gröberen Partikeln. Die Schichten darunter bleiben gefroren, auch wenn die Temperatur vielleicht nur knapp unter dem Gefrierpunkt liegt (-1°C bis -3°C). Im Sommer können die täglichen Lufttemperaturschwankung durch die Sonneneinstrahlung bis zu 50°C betragen, doch die geringe Wärmeleitung und Kühlung durch den Permafrost dämpft diese täglichen oder jahreszeitlichen Schwankungen im Boden erheblich. Der undurchdringliche Dauerfrost verhindert das Abfließen von Oberflächenwasser ins Grundwasser, wodurch Wasser in der obersten Bodenschicht verbleibt und das Fließen der Landoberfläche an Hängen bewirkt (Solifluktion). Dauerfrost ist das verborgene Element der Landschaft.
  Die riesigen Flächen der Wüsten und Halbwüsten in der Arktis, welche besonders in Rußland und Kanada auftreten, sind also nur spärlich von Vegetation bedeckt. Die Vegetationsmuster sind winzig im Vergleich zur gewaltigen Ausdehung der öden Flächen. Alle landschaftsbildenden Formen sind kleinmaßstäblich im Vergleich zu der gewaltigen Ausdehnung dieser Gebiete. Ein Ökosystem kann mehrere Landschaftsbildner umfassen, z.B. aus mehreren Vegetationsinseln bestehen, welches ein paar hundert Quadratmeter bis zu wenigen Quadratkilometern einnimmt. Im kleinen Maßstab bildet eine Vegetationsinsel ein Ökosystem. In jedem dieser Ökosysteme kann man eine Grundstruktur erkennen, die normalerweise durch die Vegetation oder die Morphologie der Oberfläche bestimmt ist. Die Ökosysteme werden durch die Prozesse der Primärproduktion, der Stoffzersetzung und -zirkulation definiert, mit den dazugehörigen Stoffzu- und abflüssen. Ein Ökosystem ist niemals vollständig geschlossen. In den arktischen Wüsten und Halbwüsten werden die Verbindungen zwischen kleinmaßstäblichen Ökosystemen oft durch Oberflächenwasser und durch Tiere hergestellt, die große Entfernungen zurücklegen und sich die kleinen Inseln üppiger Vegetation in geschützten Flußtälern zunutze machen.
  Zwischen diesen Wüsten und der Tundra gibt es keine scharfe Grenze. Kleine Bereiche der typischen Tundravegetation, Zwergsträucher, Heidekraut, Wollgrasbüschel oder Feuchtmoore treten bereits hoch im Norden auf, werden aber erst weiter südlich bestimmend, veränderlich je nach Klima, der Geologie des Untergrundes, Bodenbedingungen und Hangneigung.
  Zwergstrauchtundra. Sie bildet eine 50-80 cm dichte Vegetationsdecke aus Zwergbirken, Weiden und Erlen, Krähenbeeren, Blaubeeren, Heidekraut, Rhododendron, Seggen und Steinbrech, über einer durchgehenden Flechten- und Moosschicht. In geschützten Lagen kann diese Decke sogar bis zu 2 Meter mächtig werden. Die Strauchtundra tritt vornehmlich auf trockeneren Böden auf, ihre Ausdehnung spielt die jeweiligen klimatischen Bedingungen wieder. So findet man sie bis zum 74. Breitengrad an der Westküste Grönlands, aber nur bis zum 62. an der Ostküste, die nicht in den wärmenden Einfluß des Labrador-Stroms kommt. Die Pflanzen reagieren auf geringe Änderungen der physikalischen Umweltbedingungen. Die Seggen- und Zwergstrauchtundra dehnt sich über große Bereiche Rußlands aus, und geht über in die Wollgras- und Zwergstrauchtundra, in der Wollgrasbüschel oder Seggen auf eher feuchten und ärmeren, leicht sauren Böden wachsen. Wo der Abfluß von Schmelzwasser durch Dauerfrost, Lehmböden oder ebener Landoberfläche gehemmt ist, dominieren in weiten Arealen Sümpfe. In diesen Sümpfen sind Seggen die am häufigsten auftretenden Pflanzen, daneben gibt es zahlreiche andere Arten, sowie mächtige Moos- und Torfmoosschichten. Die Oberfläche wird oft von kleinen Hügeln und dazwischen liegenden Tümpeln gebildet, eine Landschaft, die hauptsächlich durch den Wechseln von Auftauen und Frost zustande gekommen ist. Frostaufbrüche, Polygone, Risse und andere Muster unterbrechen die Vegetationsdecke. Diese morphologischen Erscheinungen werden seltener, wenn eine an Dichte zunehmende Vegetationsdecke den Boden weitgehend isoliert. Dioch die Kraft von Eis und Permafrost kann die Landschaft immer noch erheblich gestalten, was z.B. an durch Frosteinwirkung aufgewölbten Kuppen und den oft mehrere Zehner von Meter hohen Palsen oder Pingos deutlich wird.
  Weiter in Richtung Süden werden durch Klimaverbesserung Birken häufiger, Fichten, Tanne und Lärchen formen die Baumtundra. Die bodennahe Vegetation ist der nördlicheren noch ähnlich, verschwindet aber allmählich durch den wachsenden Baumbestand, der den Beginn der eigentlichen Taiga (borealer Nadelwald) markiert. Hier verschwindet die bodennahe Vegetation durch den dichten Bestand von Fichten und Tannen nahezu völlig, wodurch der Boden zum Austrocknen neigt. Er wird auch kühl gehalten, sodaß trotz wärmeren Klimas im Wald Permafrostbedingungen herrschen, während der Dauerfrost in Lichtungen nicht mehr auftritt und daher nicht mehr von einem zusammenhängenden Permafrostbereich geredet werden kann.
  Dieser Gradient von der Polarwüste bis zur Taiga mit seinen vielen Variationen und Mustern ist die Landschaft des Nordens. Darüber ist bereits viel publiziert worden, und heftige Debatten werden über die Definition verschiedener Pflanzengesellschaften, der bewundernswerten Anpassung von Tieren und Pflanzen und ihre Naturgeschichte geführt. Was läßt sich über das Gesamtsystem sagen? Welches ist die Dynamik dieser Landschaft? Wie funktioniert sie als integriertes Ökosystem oder eine Serie von Ökosystemen? Diese Fragen gewinnen an Bedeutung, da sich die Umwelt durch das Klima, die Landnutzung, die industrielle Entwicklung und die Umweltverschmutzung ändert. Betrachten wir im folgenden einige der sogenannten Ökosystemsdynamiken und -funktionen - die Änderungen über Zeiträume, Nahrungsketten, Kohlenstoff- und Nährstoffzirkulation und Artenvielfalt.
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