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Die Arktis als
Grenzregion |
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Die Europäer kamen auch in die
Arktis während ihrer kolonialen Expansion in andere Erdteile.
Während der Hauptphase dieser Expansion im 16. und 17. Jahrhundert
wurde der Ferne Osten zu einer wichtigen Quelle für Edelsteine,
Gewürze und Luxuskleidung. Mit Handel konnten riesige Profite
erzielt werden. Als die normalen Handelswege um Afrika herum und
durch den Nahen Osten als zu umständlich oder zu gefährlich
erschienen, begann die Suche nach der Nordwest-Passage durch die
nordkanadischen Inseln als Route in den Fernen Osten. Zur gleichen
Zeit erkundeten russische Steuerleute die Nordküste Sibiriens
auf der Suche nach einer Nordostpassage , um nach Asien durch die
Beringstraße zu gelangen. |
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Während des 17. Jahrhundert durchstreiften
russische Abenteurer Sibirien, wobei sie die kleinen Volksgruppen,
die auf ihrem Wege lagen, unterwarfen. Sie erreichten die Küste
des Pazifik, mehrere Tausend Kilometer von ihrer Heimat entfernt,
nach nur 60 Jahren. Die einheimischen Volksgruppen wurden von ihnen
gezwungen, für den Pelzhandel die kleineren Tierarten per Fallen
zu jagen, in einem Ausmaß, welches beinahe zur Ausrottung
dieser Tiere führte. |
Denkmal für politsche Häftlinge aus Polen, die Eisenbahnstrecke
Dudinka-Noril´sk mitbauten. |
Es gab noch weitere Arten der Ausplünderung.
Vom 17. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Europa mit aus Walen
gewonnener Seife und Schmierölen versorgt. Dafür wurden
in der Arktis jährlich Tausende von Walen getötet, hauptsächlich
von britischen und norwegischen Walfängern. Zu bestimmten Zeiten
war die jährliche Ausbeute höher als die gesamte heute
lebende Walpopulation dieser Gegenden. |
Sibirien wurde zu einer Art "Wilder
Osten", ein Ort des Exils, eine Stätte von Verbrechen
und Gewalt. Das Zarenregime in St. Petersburg schickte im 19. Jahrhundert
seine Gegner ins Exil dorthin, während im 20. Jahrhundert,
jetzt unter der kommunistischen Herrschaft mit Hauptsitz in Moskau,
Sibirien der Ort der größten jemals existierenden Anzahl
von Gefangenlagern wurde, die unter dem Begriff Gulag bekannt und
berüchtigt geworden sind. |
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In den späten neunziger Jahren
des 19. Jahrhunderts kam es zum Goldrausch in Alaska und dem Yukon-Territorium
im benachbarten Kanada. 100.000 Menschen eilten allein Richtung
Norden nach Yukon. Dawson City, immer noch berühmt in Filmen,
entstand aus dem Nichts und zählte innerhalb kürzester
Zeit 30.000 Einwohner. Seit dem 2. Weltkrieg sind durch den Bergbau
immer mehr und größere moderne Industriestädte in
allen Staaten des Nordens entstanden. All diese Landausbeutung hat
sich für die dort lebende einheimische Bevölkerung als
extrem schädlich erwiesen. Diese Menschen haben vom Land in
äußerst dünner Besiedlung gelebt. Als die ersten
Europäer ankamen, waren sie von den Einheimischen abhängig,
die ihnen zeigen mußten, wie man hier überhaupt überlebt.
Die Europäer lebten aber hauptsächlich vom Handel, und
als sie begannen, sich im Norden mehr oder weniger permanent niederzulassen,
taten sie es auf die ihnen übliche Weise mit dichter Besiedlung,
d.h. es bildeten sich Städte. Heutzutage erhalten sie oft einen
Extrabonus um zur Arbeit dorthin zu kommen. Einige dieser Städte,
wie Inuvik in Kanada, oder Noril´sk in Rußland, sind
zu Großstädten geworden. Diese Siedlungen sind wegen
der großen Distanz zu den dichter besiedelten südlicheren
Gebieten vom Lufttransport und einer ausgeklügelten Logistik
abhängig, da es fast keine Straßen oder Eisenbahnen gibt,
und das Umland die Städte nicht versorgen kann. |
Kupferhütte, Abraumbecken westlich von Noril´sk. |
Die Neuankömmlinge im Norden
können nicht die ausschließlich fleischhaltige Ernährungsweise
aufnehmen , die das Land bietet, sondern brauchen eine Menge Unterstützung
der Außenweltin Form von Komfort und spezieller Nahrung, um
gesund und glücklich zu bleiben. Selbstverständlich gibt
es immer ein paar Menschen, die auch als Einwanderer sich an die
Arktis angepaßt haben und sogar vom Lande leben, während
auf der anderen Seite viele Eingeborene vollständig abhängig
sind von Lebensmitteln und anderem Versorgungsmaterial, das aus
dem Süden eingeflogen und in den Dorfgeschäften verkauft
wird. |
Noril´sk, Leninsky-Prospekt. |
Der eigentliche Grund für die
Existenz dieser Ansiedlungen ist die Ausbeutung der regionalen Ressourcen,
die anschließend in den Süden transportiert werden. Ein
Großteil der neu hinzugekommenen Bevölkerung bleibt nur
eine bestimmte Zeit, um dann wieder, u.U. viel reicher als vorher,
in den Süden zurückzukehren. In der Sowjetunion, besonders
in den Jahren ab 1960 bis etwa 1980, bekamen die russischen Zuwanderer
den doppelten oder dreifachen Lohn für die Arbeit im Norden,
und konnten außerdem enorme Sprünge nach vorne in der
Warteschlange für knappen Wohnraum in Moskau oder anderen Städten
im Westteil de Landes machen. |
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