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Die Arktis als Heimat
by Piers Vitebsky
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Die Arktis als Heimat
Einführung in die einheimischen Volksgruppen

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Komi-Hirten mit ihrer Herde.

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Das Mädchen ist eine Tänzerin in einer lokalen Tanzgruppe.

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Hundeschlittenrennen entstand vor vielen Jahrunderten in Sibirien und dem heutigen Autonomen Bezirk der Tschuktschen, und ist von den Bewohnern Alaskas und Kanads übernommen worden.

Es wäre falsch, die geschichtliche Entwicklung der Arktis in nur zwei Zeiträume einzuteilen, vor und nach dem Eindringen der Europäer. Die Europäer kamen nach und nach und haben verschiedene Regionen auf verschiedene Weise zu verschiedenen Zeiten beeinflußt. Die Überlieferungen der Völker und die Erkenntnisse von Archäologen deuten darauf hin, daß die Völker , die man heute als eingeborene oder indigene bezeichnet, selbst ausgedehnte Wanderungen in den letzten Tausenden von Jahren unternommen hatten. Einige der Inuit erreichten Grönland, von Kanada aus kommedn, vor etwa tausend Jahren, nicht lange bevor die Wikinger von Europa aus dort ankamen. Die Wikinger brachten ihre auf Landwirtschaft beruhende Kultur mit. Sie konnten sich nicht an das kalte Klima Grönlands adaptieren und starben dort aus, während sich die arktischen Jäger anpaßten und die Vorfahren der heutigen modernen grönländischen Bevölkerung wurden. Im asiatischen Norden leben als größte Gruppe die Sacha, etwa 382.000 Menschen. Sie sprechen eine dem Türkisch verwandte Sprache und sind erst im Mittelalter aus Zentralasien in das Lenatal eingewandert. Bei ihrer Ankunft fanden sie dort die Volksgruppe der Ewen vor und vertrieben diese in die Berge, wo sie heute als Rentierhirten leben. Aber auch die Ewen sind nicht ursprüngliche Bewohner des Nordens, sondern kamen in früherer Zeit aus Nordchina. Sie sind mit den Mandschu verwandt, die bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Kaiser des chinesischen Reiches stellten.
Wegen der zunehmenden Forderung nach Autonomie entstand der Trend in der modernen Politik, eine scharfe Linie zwischen den Menschen europäischen Ursprungs und denjenigen zu ziehen, die bereits vorher in der Region lebten und daher als einheimisch angesehen werden können. Die Zuwanderer werden ihrerseits in Russen, Amerikaner, Norweger, Dänen und viele andere eingeteilt (in Alaska leben z.B. viele Menschen japanischen, koreanischen, philippinischen und mexikansichen Ursprungs), sie stellen nur die letzte Einwandererwelle dar, die den Norden erreicht hat. Man sollte auch nicht vergessen, daß heutzutage, genau wie auch in früheren Zeiten, viele gemischte Ehen unter den Indigenen und zwischen Einheimischen und Zuwanderern geschlossen werden.

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Junges Mädchen der Nivkh-Volksgruppe mit einem frisch gefangenen Lachs.

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Rentierhirten der Ewen versuchen, per Funk Verbindung mit ihrem Dorf aufzunehmen.

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Bezirk Ammassalik, Ost-Grönland.

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Das kleine Bering-Rennen für Kindern wurde erst kürzlich in Leben gerufen, um Kinder dazu ermutigen, die jahrundertealte Tradition ihres Volkes wieder aufzunehmen.

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Die Sieger ders kleinen Bering-Rennes, Avangai, Kamtschatka.

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Eine Tanzgruppe der Ewen beim Start des kleinen Bering-Rennens.

 

Es gibt jedoch ein wichtigen Unterschied zwischen den Zuwanderern und allen anderen Volksgruppen zusammen. Die Zuwanderer sind in ihrer großen Mehrzahl für ihren Lebensunterhalt nicht abhängig von dem Land, in dem sie leben, sondern sie sind Repräsentanten eine großen Industriekulturgemeinschaft, die sie fortwährend durch Lufttransport unterstützt. Damit Menschen in dieser Umgebung nicht nur überleben, sondern sich auch wohlfühlen können, bedarf es einer außerordentlichen Anpassungsfähigkeit. Damit ist nicht nur die physische Anpassung an den Klimawechsel gemeint, dem sich jeder Neuling unterziehen muß. Es ist auch eine kulturelle Anpassung, die sich in Tausenden von Jahren entwickelte. Diese Kultur basiert auf einer speziellen Auffassung davon, was in der Natur unter den gegebenen Umständen vorgeht und wie der Menschen sich darin zurechtfindet.
Auch wenn sie ansonsten große Unterschiede aufweisen, haben sich die Völker des Nordens auf sehr ähnliche Weise die Stoffe, die sie in ihrer Umgebung vorfanden, znutze gemacht und haben auf diese Weise überlebt. Das bezieht sich nicht nur auf Jagdtechniken. In der gesamten Region sind Felle und Häute das einzige Material, das sich ausbreiten läßt und daher für Körper- und Fußbekleidung, sowie als Baumaterial für Zelte und Boote verwandt werden kann.
Alle Volksgruppen haben Skier, Schlitten, Toboggan oder Schneeschuhe entwickelt. Viele haben Rentiere oder Hunde zum Lasttragen oder Schlittenziehen domestiziert.
Die Route Esso-Markovo ist mit 1980 km das längste Schlittenrennen auf der Welt und dauert drei Wochen. In Sibirien werden Rentiere auch zum Reiten verwandt. Natürlich haben alle arktischen Völker Methoden entwickelt, um Tiere zu fangen und zu beherrschen, die sonst außerhalb ihrer Reichweite durch die Landschaft ziehen würden: Fallen, Korrale, Pfeil und Bogen, spezielle Wehre und Netze zum Fischfang.
Knochen und Geweihe werden überall als harter Gebrauchsstoff verwandt, desgleichen Holz, dort wo es vorhanden ist. Die Völker des Nordens haben überlebt, indem sie sich den lokalen Umständen angepaßt und jede sich bietende Technologie ausgenutzt haben. Heuzutage werden Boote aus Häuten mit Außenbordmotor eingesetzt und Schußwaffen benutzt, weil es nützlich und praktisch ist.
Innerhalb einer ähnlichen Lebensweise haben einzelne Gruppen sich sehr spezifisch an ihre Umwelt angepaßt. Die Inuit und die ihnen verwandten Volksgruppen der Yuit und Inupiats in Alaska, und die Kalaalit in Grönland leben an der arktischen Küste. Das Land hier ist praktisch nicht nutzbar, weswegen sie vom Meer leben, Fische fangen und Wale sowie Seehunde jagen. Durch diese Lebensweise wird das Meer zum verbindenden Element zwischen Inseln und nicht zum trennenden. Die Inuit reisen im Sommer mit Kajaks und anderen Booten, während sie im Winter sehr schnell mit Hundeschlitten oder Schneescooter über das gefrorene Meer fahren.
Neben diesen leben die meisten anderen Volksgruppen südlich der Baumgrenze vom Süßwasserfischfang und von der Jagd auf diverse Landtiere. Daneben sind die meisten auch Rentierhirten. Zu den im Inland lebenden Völkern gehören auch die "Indianer" Nordamerikas und viele der Volksgruppen in russischen Sibirien.
Die amerikanischen Indianer sind die am weitesten nördlich lebenden Vertreter der großen und sehr unterschiedlichen Gruppe der indigenen Völker Nordamerikas, die schon vor dem Eintreffen der Europäer dort lebten. Zu den Angehörigen der Athabaska-Sprachenfamilie gehören die in Alaska und Kanadas Yukon-Territorium lebenden Tanaina, Kuchin und die Copper River-Gruppen. Lachs und andere Flußfische bilden traditionsgemäß die Lebensgrundlage dieser Menschen. Zentral- und Ostkanada sind die Heimat der Cree-Gruppen, die zur Algonquin-Sprachenfamilie gehören, und die auch Völker wie die weit im Süden lebenden Blackfoot und Cheyenne in den USA miteinschließt. Eine der Hauptgruppen der Cree sind die Naskapi in Quebec, deren nomadenhafter Lebensstil schon seit langem im Verfolgen von wilden Karibou-Herden besteht.

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Vor einem Hirtenzelt.

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Rentierhirtenlager im Sommer.

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Eine Ewen-Familie mit Schlittenrennhund.

Im Norden Rußlands leben drei Völker mit jeweils mehreren hunderttausend Angehörigen, die Komi, die Karelier und die Sacha (auch als Jakuten bekannt). Jedes dieser Völker hat ein Selbstverwaltungsterritorium, trotzdem sind sie selbst in diesen Gebieten gegenüber Russen oder anderen europäischen Siedlern, z.B. Ukrainern in der Minderzahl. Daneben gibt es noch 26 kleinere Volksgruppen, die zu mehreren Sprachenfamilien gehören und über ganz Sibirien verteilt leben. Die Anzahl der zu diesen Gruppen gehörigen reicht von ein paar Hundert bis zu einigenTausend Menschen, insgesamt 186.000. Die Chanten sind eine dieser Gruppen. Sie leben entlang des Flusses Ob in Westsibirien. Ihre traditionelle Lebensgrundlage beruhte auf Fischfang in den von Wald und Wiesen umgebenen Flußarmen, welche aber in jüngster Vergangenheit durch die aus Ölquellen stammende Umweltverschmutzung schr in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Weiter im Norden, nahe des Obdeltas, leben die Nenzen als Rentierhirten, an der Waldgrenze zur Tundra. Die Ewen, ebenfalls hauptsächlich Rentierhirten, haben ihre Wohngebiete viel weiter östlich in Richtung Pazifik.
Eine von den bisher aufgezählten sehr verschiedene und besondere Volksgruppe stellen die Samit (Lappen) dar, die im Norden von Norwegen, Schweden, Finnland und Rußland leben. Zu diesem Volk gehören etwa 35.000 Menschen, sie sind wohl schon seit 4000 Jahren in dieser Gegend heimisch. Die an der Küste lebenden Samit ernährten sich vom Fischfang im Meer, während die Samit im Inland ihr Leben als Rentierhirten oder Süßwasserfischer zubrachten. Die Samit haben eine lange Geschichte des engen Zusammenlebens mit den Skandinaviern, nur 10% von ihnen leben heute noch als Rentierhirten.
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The Arctic is a Homeland, by Piers Vitebsky. http://www.thearctic.is
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